Vom Wildkaninchen zum Hauskaninchen


Die Geschichte unserer Kaninchen reicht weit zurück - bis vor die letzte Eiszeit. Die Urahnen unserer Kaninchen sind damals wohl von Asien nach Europa gekommen, dieses belegen zumindest Fossilfunde. Sie waren in ganz Europa - allerdings wohl nicht im heutigen skandinavischen Raum - verbreitet und teilweise sogar auch im westlichen Nordafrika. Die hereinbrechende Eiszeit zerstörte jedoch nach und nach ihre Lebensräume und verdrängte die Ur-Kaninchen immer weiter in Richtung Süden. Letztendlich stand ihnen nur noch die iberische Halbinsel - das heutige Spanien - und auch Teile des westlichen Nordafrikas als Lebensraum zur Verfügung. Hier konnten sie sich aber behaupten und auch wieder vermehren. Nach Deutschland kamen die ersten, wohl schon als domestiziert geltenden Tiere, um 1149 n.Chr. als der Abt Wibald des Benediktinerklosters Corvey an der Weser den Abt Gerald des franz. Klosters St.Peter zu Solignac bat, ihm zwei Kaninchenpaare zu senden.

Das Wildkaninchen selbst soll angeblich erst Mitte des 13. Jahrhunderts nach Deutschland gekommen sein, denn nach wie vor wurden Kaninchen - wie es schon lange Sitte bei den Römern war - in Gehegen zu Jagdvergnügen gehalten. Entkommende Kaninchen siedelten sich rasch an und gründeten hier und auch anderenorts in Europa neue Kolonien. Nach und nach verbreitete sich das Kaninchen wieder über ganz Europa. Da für lange Zeit der Nutzen des Kaninchens als Fleisch- und auch Fell-Lieferant im Vordergrund stand, ist es nicht verwunderlich, dass die Kaninchen immer größer - und damit auch ertragreicher - gezüchtet wurden. Kleidung aus Fell sah schöner aus, wenn das Fell einheitlich gefärbt war, daher wurde begonnen nur bestimmte Farbeinschläge zu züchten. Das Holländerkaninchen besitzt zum Beispiel einen der ersten Farbeinschläge, die gezüchtet wurden. Ende des 18. Jahrhunderts kamen die ersten Widderkaninchen und auch die ersten Angorakaninchen auf. Kleinwüchsige Kaninchen gibt es sogar erst seit Anfang des 20. Jahrhunderts bei uns und erst seit Mitte des 20. Jahrhunderts werden Kaninchen vermehrt als Heimtier und nicht mehr nur als reines Nutztier gehalten.

Der kleine Unterschied: worin unterscheiden sich Wild- und Hauskaninchen heute noch?

Von Hasen und Kaninchen

Wildkaninchen
Wildkaninchen - Oryctolagus cuniculus
Feldhase
Feldhase - Lepus europaeus


Wollen wir doch mal die beiden Tierarten, die hier bei uns heimisch sind - das ist der europäische Feldhase (Lepus europaeus) und das europäische Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) - miteinander vergleichen:

Der Feldhase ist wesentlich größer als das Wildkaninchen, er kann eine Kopf-Rumpf-Länge von bis zu 75 cm erreichen und ein Gewicht von bis zu 6,5 kg. Das Wildkaninchen kann eine maximale Körperlänge von 50 cm erreichen und wiegt in der Regel bis zu 2 KG. Die Gliedmaßen des Feldhasen sind im Vergleich zum Wildkaninchen wesentlich länger und wirken auch feingliedriger, auch die Ohren sind langgezogen und viel größer als beim Kaninchen. Zudem besitzen die Ohren des Feldhasen auffallende schwarze Spitzen, ebenso ist die Oberseite seines Schwanzes - der sogenannten Blume - auch schwarz gefärbt. Das Bauchfell des Feldhasen ist reinweiß, das des Wildkaninchens ist dagegen grau-weiß und auch in der Farbe ihres Rückenfells unterscheiden sich beide: der Feldhase besitzt ein gold-braunes Fell, das Wildkaninchen ein grau-braunes Fell mit einem rötlich gefärbten Dreieck im Nacken. Selbst die Augen unterscheiden sich deutlich, denn der Hase besitzt eine viel hellere Iris als das Kaninchen.

Noch klarer sind die Unterschiede in der Lebensweise und im Verhalten der beiden.

Während sich das Wildkaninchen Höhlen und Gänge gräbt, in denen es lebt, scharrt sich der Feldhase einfach eine Bodenmulde - die sogenannte Sasse. Bei Gefahr duckt er sich in diese hinein und vertraut dabei auch auf seine hervorragende Tarnfarbe. Bei Annäherung einer Gefahr, springt er plötzlich auf und flüchtet dann mit Höchstgeschwindigkeit. Feldhasen sind ausdauernde Läufer, die auch auf längeren Strecken ein hohes Tempo durchhalten können - dieses Tempo kann ohne weiteres bis zu 70 km/h betragen. Wildkaninchen sind dagegen eher Sprinter und entfernen sich daher auch nie weit von ihren Bauten, die sie immer mit mehreren Eingängen versehen, sodass sie bei Gefahr schnell in einem Zuflucht suchen können. Kaninchen bevorzugen daher auch eher eine deckungsreiche und hügelige Umgebung, wogegen der Hase als ehemaliges Steppentier offenes und flaches Gelände favorisiert. Der Feldhase ist übrigens das kleinste in Europa lebende Säugetier, das selbst den Winter ohne schützende Bauten oder Höhlen verbringt. Während das Wildkaninchen in Familien lebt und mehrere Familien eine Kolonie bilden und innerhalb der Kolonie auch eine strenge Hirachie unter den einzelnen Tieren herrscht, ist der Feldhase eher ein Einzelgänger, der sich allerdings während der Paarungszeit zu kleinen Gruppen zusammenfindet. Diese Gruppen liefern sich dann Wettkämpfe und sogar "Boxkämpfe" - der Sieger darf sich dann mit der Häsin paaren.

Auch beim Nachwuchs sind die Unterschiede deutlich:

Der Feldhase bringt nach einer Tragzeit von 42-43 Tagen zwei bis drei Jungtiere in einer Sasse zur Welt. Die Jungtiere besitzen gleich ein Fellkleid, haben geöffnete Augen und können auch gleich laufen, sie sind also sogenannte Nestflüchter. Die Tragzeit bei den Wildkaninchen ist dagegen mit 30-32 Tagen deutlich kürzer, jedoch ist der Wurf mit 5-6 Jungtieren auch deutlich größer. Die Jungtiere des Wildkaninchens kommen in einer Setzröhre zur Welt, die das Muttertier abseits des Familienbaus anlegt und mit ihrem Fell auspolstert. Sie sind sogenannte Nesthocker, da sie blind, nackt und hilflos geboren werden.

Wir sehen also, dass es sich hier um zwei völlig verschiedene Tierarten handelt, die nicht viel miteinander gemein haben. Selbst die sogenannten Stallhasen oder das Hasenkaninchen sind immer reine Kaninchen. Alle unsere Hauskaninchen stammen ausschließlich vom europäischen Wildkaninchen ab, deshalb lautet deren zoologischer Name auch Oryctolagus cuniculus domesticus. Ein Kaninchen sollte daher nicht mit "Hase" tituliert werden, denn ein Hase ist ein völlig anderes Tier. Wobei es eine Ausnahme gibt: es hat sich eingebürgert auch das weibliche Kaninchen "Häsin" zu nennen. Auch ist eine Verpaarung bzw. Kreuzung zwischen Hasen und Kaninchen nicht möglich, weil es sich hier um zwei verschiedene Tierarten handelt und es zudem auch keine genetische Übereinstimmung gibt.

...und sie sind auch keine Nagetiere!


Lange Zeit galten die Hasen und auch die Kaninchen als Nagetiere, da beide zeitlebens nachwachsende Nagezähne besitzen und die Art der Nahrungsaufnahme oberflächlich betrachtet der der Nagetiere ähnelt. Ebenso besitzen Hase und Kaninchen die typische Lücke zwischen den Schneide- und den Backenzähnen. Sowohl die Hasen als auch die Kaninchen gehören allerdings mittlerweile der eigenständigen Säugetierordnung der Lagomorpha (Hasentiere) an:

Klasse: Mammalia (Säugetiere) Ordnung: Lagomorpha (Hasentiere) Familie: Leporidae (Hasenartige) Gattung: Lepus (Echte Hasen) Art: Lepus europaeus (europäischer Feldhase) Gattung: Oryctolagus (altweltliche Wildkaninchen) Art: Oryctolagus cuniculus (europäisches Wildkaninchen)

Demgegenüber steht die Ordnung der Rodentia (Nagetiere), zu deren Gattungen auch die der Meerschweinchen, Chinchillas, Hamster, Ratten etc. gehören. Fossilfunde haben einwandfrei belegt, dass die Hasenartigen sich stammesgeschichtlich völlig unabhängig von den Nagetieren entwickelt haben. Aber warum sind die Hasentiere keine Nagetiere?

Ein wesentlicher Unterschied besteht im Gebiss:

Hasentiere besitzen hinter den oberen Schneidezähnen noch ein Paar Stiftzähne, welche den Nagetieren fehlen. Deshalb wurden die Hasenartigen früher auch Doppelzähner (Duplicidentata) und die Nagetiere Einfachzähner (Simplicidentata) genannt. Die Schneidezähne (Nagezähne) der Hasenartigen sind ringsum mit Zahnschmelz überzogen, bei den Nagetieren findet sich dieser nur auf der vorderen Seite. Die Kaubewegung der Hasentiere findet zusätzlich auch seitwärts statt, die Nagetiere kauen dagegen nur auf- und abwärts.

Aber auch im Verhalten finden sich markante Unterschiede:

Hasentiere benutzen ihre Vorderfüße niemals als Greifwerkzeug, wohl aber bei Abwehr und Angriff zum Schlagen und ähnlich wie Raubtiere recken und strecken sich Hasentiere auch.

Kaninchen und ihre Namen


Der zoologische Name des Wildkaninchens lautet Oryctolagus cuniculus, was soviel wie "unterirdische Gänge grabender Hase" bedeutet:

oryttein (griech.) = "graben", lagos (griech.) = "Hase" und cuniculus (lat.) "unterirdischer Gang"

Das Wort "Kaninchen" selbst stammt wohl vom altfranz. "co(n)nin" (=Kaninchen, Kaninchenfell) ab und ist die Verkleinerungsform von mittelniederdeutsch "Kanin".

Das altfranz. Wort "co(n)nin" soll aus dem lat. Wort "cuniculus" entstanden sein, welches wiederum selbst iberischen Ursprungs sein soll. Allerdings entwickelten sich parallel im deutschsprachigen Raum auch die Varianten:

mittel-/ norddeutsch: Karnickel
niederrheinisch: Kenin
Oberhessisch: Greinhase
niederdeutsch: Kanine, Kanin(e)ken
westerwäldisch: Kreinchen, Kreinhase
süd- / westdeutsch: Stallhase
schwäbisch: Küllhase

Quellen:

Wikipedia
Walter Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache (1975)
Duden, Das Herkunftswörterbuch (2007)

Definition


Großrassen / Stallkaninchen:

Ursprünglich kommt das Riesenkaninchen aus Belgien und wurde im 19. Jahrhundert auch in Deutschland gezüchtet. Körpergewicht zwischen 5 und 8,5 kg, die Körperlänge misst um die 70 cm - auffällig sind dabei die Ohren mit einer Länge von etwa 18 cm. Beispiele: Deutsche Widder, Riesenschecken, Deutsche Riesen, Belgische Riesen

Mittelgroße Rassen:

Mittelgroße Kaninchen haben fast alle das gleiche Gewicht, unterscheiden sich aber wesentlich in Fellstruktur, Farbe und Gestalt. Das Körpergewicht beträgt zwischen 3 und 5 kg, die Ohrenlänge zwischen 11 und 15 cm. Beispiele: Alaska, Meissner Widder, Deutsche Großsilber, Havanna

Kleine Rassen:

Körpergewicht von ca. 2 bis 3 kg und einer Ohrenlänge von 8 bis 11cm. Beispiel: Holländer, Deutsche Kleinwidder

Zwergkaninchen:

Der Begriff ist für alle Kaninchen geprägt worden, deren Gewicht unter 2 kg liegt. Es ist keine exakte Festlegung nach Gewicht und Größe. Die Körperform ist gedrungen wie eine kleine Kugel, kein Hals sichtbar, der Körper hat eine gleichmäßige Breite und die Beine sind kurz. Sie haben einen verkürzten Kiefer und einen verkürzten Tränenkanal. Die Augen sind meist sehr groß und stehen hervor, die Ohren liegen eng beieinander und dürfen eine Länge von 5,5 cm nicht überschreiten. Beispiele: Widderzwerge, Hermeline, Löwenkopfe, Zwergangoras, Teutozwerge. Sie gehören keinem anerkannten Rassestand an.

Hasen:

Echte Hasen (Lepus) gehören zur Familie der Hasen, bilden aber eine eigene Gattung innerhalb dieser Familie. Von den 30 bekannten Arten sind 5 in Europa heimisch (Feldhase, Schneehase, Korsika-Hase, Iberischer Hase, Lepus castroviejoi).

Echte Hasen erkennt man an den kräftigen hinteren Gliedmaßen, den langen Ohren und der Fellfarbe. An der Oberseite ist das Fell braun bis graubraun und an der Unterseite in weißen Tönen gefärbt. Arten die in arktischen Regionen leben, bekommen im Winter ein weißes Fell. Sie können eine Gesamtlänge zwischen 25 und 70 Zentimeter erreichen und ein Körpergewicht von 0,4 bis 7 kg.

Quelle: Wikipedia

Wildkaninchen:

Wildkaninchen haben ein graubraunes Fell. Im Nackenbereich ist es braun bis rostrot gefärbt. Im Gegensatz zum Feldhasen hat es relativ kurze Ohren (6 bis 8 cm), ist deutlich zierlicher (1,3 bis 2,2 kg) und hat kürzere Hinterbeine.

Hauskaninchen:

Das Hauskaninchen ist die domestizierte Form des europäischen Wildkaninchens. (Info zu den einzelnen Rassen unter der Rassenbeschreibung)


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KANINCHENARTEN


Als Kaninchen bezeichnet man mehrere Gattungen und Arten, die aus der Familie der Hasen (Leporidae) stammen. Es ist jedoch keine systematisch einheitliche Gruppe, da die als Kaninchen bezeichneten Arten oftmals ebenso wie die als Hasen bezeichneten Arten nicht näher miteinander verwandt sind. Hauskaninchen stammen vom europäischen Wildkaninchen ab und werden seit dem 16. Jahrhundert als Fleisch - und Felllieferanten gezüchtet. Sie werden nach ihrem Gewicht in verschiedene Gruppen unterteilt: Große, mittelgroße, kleine und Zwergrassen, die in fast allen Farben und Zeichnungen vorkommen.

Aber was ist denn nun was? Wir helfen, ein wenig den Durchblick zu bekommen.

Kaninchenarten erklärt - Unterschiede zwischen Kaninchen und Hasen